Fluch oder Segen – Wie teuer ist guter Rat?

Teuer kann zweierlei bedeuten: Zum einen kostbar und wertvoll, zum anderen ist etwas teuer sein, wenn wir einem Experten dafür viel Geld bezahlen müssen. Was viel ist, ist allerdings relativ. Bewahrt uns ein Rat vor großem Schaden, ist jeder Cent gut angelegt. Treffen wir Dank des Rats eine kluge Entscheidung, machen anschließend ein gutes Geschäft oder Karriere oder sparen Zeit, dann sollte uns das Geld ebenso wenig reuen. Gutes hat ohnehin seinen Preis. Notker Wolf, der emeritierte Abtprimas der Benediktiner, sagte mir, dass der Heilige Benedikt, der Ordensgründer, empfohlen habe:

Tue nichts ohne Rat, dann brauchst Du nicht zu bereuen.

In 90% der Fälle trifft das gewiss zu, was auch der Ausspruch „Hätte ich mal gefragt!“, belegt. Rat einzuholen, hilft dabei, ein Thema von verschiedenen Seiten zu beleuchten, und verbreitert die Entscheidungsbasis. Das mindert das Risiko einer Fehlentscheidung. Fragen wir zu viele, gilt die alte Weisheit:

Viele Köche verderben den Brei.

Die Antworten können sich widersprechen, was uns oft mehr durcheinanderbringt, als es hilft. Schlimmstenfalls lähmt es uns. Deshalb ist es wichtig, gut zu überlegen, wen und wie viele man fragt. Als ich für das Cover meines Buches „Die Löwen-Strategie – Wie Sie in 4 Stunden mehr erreichen als andere am ganzen Tag“ drei Fotovorschläge machen durfte, traf ich aus 50 oder 60 Löwen-Fotos der preisgekrönten Fotografin Christine Denis-Huot eine Vorauswahl von 8. Eine wahre Qual der Wahl. Diese 8 schickte ich an 8 oder 9 Freunde und gute Bekannte, um deren beiden Favoriten zu ermitteln. Das Ergebnis entsprach auch meinen Vorstellungen. Danach wählte ich mit Gareth Patterson, dem Löwen-Mann und Bestseller-Autor aus Südafrika, die besten drei Fotos aus. Mir war sein geschultes Auge wichtig, denn er hat drei Löwen-Waisen großgezogen und ausgewildert. Der Verlag entschied sich letztlich für meinen Favoriten. Super. Dieser Auswahlprozess war überaus hilfreich. Andere machen Umfragen bei Twitter oder Facebook.

Vergessen Sie nie, egal, wen wir um Rat bitten: Keiner ist objektiv, jeder schaut durch seine persönliche Brille, die durch seine Erfahrungen und oft auch die Tagesform gefärbt ist.

Nicht zuletzt sollte man im Hinterkopf haben, dass jeder stets auch seine eigenen Interessen verfolgt, die uns nicht immer bewusst sind. Wer sagt Ihnen, dass es der oder die andere gut mit Ihnen meint? Hat er eigene Karten im Spiel oder die einer Person, die ihm deutlich näher steht als Sie? Vielleicht kommt Ihre Idee jemandem in die Quere, von dem Sie es nicht vermuten. Nicht zuletzt gibt es auch noch den Neid. Also:

Trau, schau wem!

Wenn wir extrem unter Zeitdruck stehen, kann ein Feedback oder Rat, der ans Eingemachte geht, mehr schaden als nutzen, weil wir keine Zeit mehr haben, Grundlegendes zu ändern. Dann kommt uns dieser Rat durch die entstehende Verunsicherung sehr teuer zu stehen – die dritte Lesart von teuer. Wer Rat erteilt, sollte sich seiner Verantwortung bewusst sein und sich insbesondere gut überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, einen Rat zu unterlassen, wenn der für Konfusion sorgt und ohnehin aus Zeitgründen nicht umgesetzt werden kann. Eine Totaloperation auf den letzten Metern – was soll das? Mit hoher Wahrscheinlichkeit gerät das bisherigen Konzept komplett aus dem Lot und ist nichts Halbes und nichts Ganzes. Es hilft dann nur, die Ohren zu verschließen, die Zähne zusammenzubeißen und sein Ding durchzuziehen, ungeachtet aller Zweifel. Also, Ihr potentiellen Ratgeber, unterlasst Störfeuer, die gutgemeinten ebenso wie die bösartigen.

Auch sollten wir uns nie von der Meinung anderer abhängig machen. Doch das ist ein anderes, größeres Thema, als Rat zu suchen. Dabei geht es um unseren Kern, unserer Persönlichkeit, das, was uns ausmacht.

Wir müssen aushalten, nicht allen zu gefallen, wenn wir nicht im Mainstream untergehen wollen.